Von wegen Verdachtsfall: Warum die AfD eine rechtsextreme Partei ist (Kommentar)
Das Bundesamt für Verfassungsschutz bereitet offenbar eine Einstufung der AfD als "gesichert extremistisch" vor. Zuletzt berichtete die Süddeutsche Zeitung unter Berufung auf interne Mails darüber. Bislang gilt die Partei als Verdachtsfall. Doch man braucht keinen Verfassungsschutz, um zu erkennen, dass die AfD längst eine rechtsextreme Partei ist, meint unser Redakteur Alexander Roth.
Die AfD: Der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus
Die AfD ist eine rechtsextreme Partei, daran gibt es meiner Meinung nach keinen Zweifel. Warum? Darauf gibt es eine kürzere und eine ausführlichere Antwort.
Die kürzere Antwort lautet: Der Politik der AfD liegt ein völkisch-rassistisches Weltbild zugrunde. Manchmal klingt die AfD wie die NSDAP, an anderer Stelle verwendet sie verharmlosende Begriffe, um nicht zu sehr wie die NSDAP zu klingen. Sie ist gut vernetzt mit rechtsextremen Organisationen und rekrutiert Mitarbeiter aus deren Umfeld. Der mächtigste Politiker der Partei ist ein Rechtsextremist, der einem laut Verfassungsschutz gesichert rechtsextremistischem Landesverband vorsteht. Auch die AfD-Nachwuchsorganisation wird als gesichert rechtsextremistisch eingestuft. Die AfD ist der parlamentarische Arm des Rechtsextremismus und teilt sich ihr Weltbild mit Rechtsterroristen.
Triggerwarnung: Es folgt menschenverachtende Sprache
Für die längere Antwort muss ich etwas ausholen. Und Belege liefern. Dafür werde ich menschenverachtende Sprache zitieren, was man niemals leichtfertig tun sollte. In diesem Fall aber bin ich überzeugt: Man muss die Radikalität dessen, was AfD-Politikerinnen und Politiker von sich geben, im Wortlaut wiedergeben, um die Radikalität der Partei darstellen zu können. Für alle folgenden Punkte gilt: Es gibt weitere Beispiele, die aufgelisteten stellen nur einen Auszug dar. Die Spitze des Eisbergs.
Punkt 1: Verhältnis der AfD zum Nationalsozialismus
Wenn wir in Deutschland über Rechtsextremismus sprechen, sprechen wir häufig über die Zeit des Nationalsozialismus. Und das nicht ohne Grund: Eine rechtsextreme Gesinnung zeigt sich oft am Verhältnis zur NS-Zeit. So auch bei manchen AfD-Politikern.
Maier und Höcke in Dresden: "Schuldkult" und "erinnerungspolitische Wende"
2017 wetterte der Dresdner AfD-Politiker Jens Maier im Ballhaus Watzke in Dresden über die deutsche Erinnerungspolitik. Er nannte sie "gegen uns gerichtete Propaganda und Umerziehung, die uns einreden wollte, dass Auschwitz praktisch die Folge der deutschen Geschichte wäre.“ Er erklärte diesen "Schuldkult" für "endgültig beendet" (Quelle). Maier wurde im gleichen Jahr in den Bundestag gewählt, wo er bis 2021 für die AfD saß.
Am selben Tag sprach in Dresden auch der Thüringer AfD-Parteichef Björn Höcke. Er stieß wenig überraschend ins selbe Horn wie Maier, der in AfD-Kreisen auch als "der kleine Höcke" bekannt ist. Höcke forderte in seiner Rede eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" (Quelle). Man muss sich vor Augen führen: Die bisherige Erinnerungspolitik sieht eine Aufarbeitung der NS-Verbrechen vor, auch im Rahmen der Schulbildung. Mit dem Ziel, dass sich diese grausamen Taten nicht wiederholen mögen.
Siegbert Droese: "Hitlers Wolfsschanze" und ein auffälliges Kennzeichen
Und dann wäre da noch Siegbert Droese. Der Leipziger AfD-Politiker saß bis 2021 für die Partei im Bundestag. 2018 ließ er sich mit der Hand auf dem Herzen vor dem Führerbunker ablichten. Auf dem Bild, das auf Facebook veröffentlicht wurde, stand: "An Hitlers Wolfsschanze". Droese fand dafür eine Reihe von Rechtfertigungen, die der Tagesspiegel hier zusammenfasste.
Droese sorgte bereits 2016 für Aufsehen, als bekannt wurde, dass ihm ein blauer Mercedes im AfD-Look gehört. Kennzeichen: L - AH 18 18. AH steht in der rechtsextremen Szene für Adolf Hitler, ebenso wie die Buchstabenkombination 1 (= erster Buchstabe des Alphabets, A) 8 (= achter Buchstabe des Alphabets, H). Die AfD Leipzig stritt diesen Zusammenhang ab (Quelle). 2024 kandidiert Droese für die Europawahl.
Punkt 2: Die AfD und die Sprache des Nationalsozialismus
"Die Merkelnutte lässt jeden rein, sie schafft das." Dieser Satz stammt aus einer Mail, die dem Spiegel vorliegt und in der es weiter heißt: "Dumm nur, dass es UNSER Volkskörper ist, der hier gewaltsam penetriert wird." Die Mail wurde laut Spiegel 2016 von der Mailadresse des AfD-Politikers Peter Boehringer verschickt (Quelle). Boehringer konnte sich auf Nachfrage des Magazins nicht an eine Mail in diesem Wortlaut erinnern.
Von der üblen Beleidigung im Text mal abgesehen: "Volkskörper" ist ein Begriff, der in Deutschland im Zeitraum unmittelbar vor und während der NS-Zeit vor allem in antisemitischen Schriften auftauchte, die sich mit der sogenannten "Rassenhygiene" beschäftigten.
Höckes Nazi-Jargon: Er weiß offenkundig genau, was er tut
Wenn es um Nazi-Sprache geht, ist Björn Höcke ganz vorne dabei. 2015 wünschte er Magdeburg eine "tausendjährige Zukunft" – eine offenkundige Anspielung auf die Vorstellung der Nazis von Deutschland als tausendjährigem Reich (Quelle). Im selben Jahr sagte Höcke: "Taten sind nichts für unsere Pseudoelite. [...] Sie war ja niemals Tat-Elite und musste ja auch niemals Tat-Elite sein" (Quelle). "Tat-Elite" war die Selbstbezeichnung der SS. Die Altparteien nannte Höcke 2016 "inhaltlich entartet" (Quelle) – ein Adjektiv, mit dem im Dritten Reich Kunst und Kultur bezeichnet wurde, die nicht der NS-Ideologie entsprach.
Höcke weiß ganz offenkundig, was er tut. Das stellte er 2018 in Nordrhein-Westfalen unter Beweis (Quelle). Zitat: "Man nimmt die Verdrängung aus den angestammten Siedlungs- und Lebensräumen ... habe ich jetzt Lebensraum gesagt? ... aus den angestammten Siedlungs- und Lebensräumen einfach mehrheitlich hin." Nazi-Sprache verwenden, auf Verwendung der Nazi-Sprache hinweisen, Nazi-Sprache erneut verwenden. Auch wenn der Begriff schon 1901 entwickelt wurde, machte Adolf Hitler ihn sich für "Mein Kampf" zu eigen und begründete später Krieg und Judenvernichtung mit dem Kampf um "Lebensraum im Osten".
Weil Björn Höcke 2021 außerdem die verbotene SA-Parole "Alles für Deutschland!" bei einer Rede wiederholte, wird er sich demnächst wohl vor Gericht verantworten müssen (Quelle). Höcke beteuert, den Hintergrund des Ausspruchs nicht gekannt zu haben. Was ihn nicht davon abhielt, Ende 2023 das Publikum in Gera dazu zu animieren, die Parole zu grölen (Quelle). Höcke, Gründer des mittlerweile formal aufgelösten rechtsextremen "Flügels", ist nach Meinung zahlreicher Experten der mächtigste Mann in der Partei.
Maximilian Krah in Schwäbisch Gmünd: Die angeblich drohende "Umvolkung"
Auch Maximilian Krah verharmloste in Schwäbisch Gmünd im Oktober 2023 nicht nur die Zeit des Nationalsozialismus ("Unsere Vorfahren waren keine Verbrecher"), er sprach auch von einer angeblich drohenden "Umvolkung". Wir waren vor Ort. "Umvolkung" steht wie "Lebensraum" in der Nazi-Terminologie in engem Zusammenhang mit dem "Generalplan Ost", der im Dritten Reich eine Grundlage für die großangelegte Vernichtung von Menschen nach völkischen Gesichtspunkten darstellte. Krah ist Spitzenkandidat der AfD für die Europawahl.
Punkt 3: Die völkische Ideologie der AfD
Damit wären wir schon beim nächsten Punkt: der völkischen Ideologie der AfD, die sie sich mit anderen rechtsextremen Parteien teilt. Völkische Ideologie steht im Widerspruch zum Grundgesetz, in dem klar geregelt wird, wer Deutsche oder Deutscher ist: alle, die eine deutsche Staatsangehörigkeit besitzen. AfD-Politiker machten in der Vergangenheit aber mehrfach klar, dass für sie die Abstammung von Menschen eine große Rolle spielt – und sie Migranten abwerten.
Alexander Gauland: "In Anatolien entsorgen"
2017 sorgte Alexander Gauland, damals Spitzenkandidat seiner Partei, für einen Eklat. Die damalige Integrationsbeauftragte Aydan Özoğuz (SPD) hatte zuvor gesagt, dass eine deutsche Kultur abseits der gemeinsamen Sprache "nicht zu identifizieren" sei und Deutschland historisch gesehen von Vielfalt und Einwanderung geprägt wurde. Gauland sagte dazu bei einem Wahlkampftermin im Eichsfeld (Thüringen): "Das sagt eine Deutschtürkin. Ladet sie mal ins Eichsfeld ein, und sagt ihr dann, was spezifisch deutsche Kultur ist. Danach kommt sie hier nie wieder her, und wir werden sie dann auch, Gott sei Dank, in Anatolien entsorgen können" (Quelle). Seit 2019 ist Gauland Ehrenvorsitzender der Partei.
Krah und das Volk: "Eine Gemeinschaft der Ähnlichen"
Maximilian Krah definierte das Volk in Schwäbisch Gmünd 2023 als "eine Gemeinschaft der Ähnlichen", die "über die Geschichte hinweg entstanden ist". Wer zum Volk gehöre, trage das Deutschsein „in sich [...] über Generationen hinweg“, habe gemeinsame Ahnen und eine gemeinsame Kultur (Quelle). Im Umkehrschluss bedeutet das: Wer einwandert, gehört nicht dazu. "Schicken wir sie zurück!"
Höcke und der "Volkstod": Was der AfD-Politiker sich unter "Remigration" vorstellt
Dass die AfD die massenhafte Vertreibung von Menschen nach rassistischen Kriterien plant, wird gerade anhand der Correctiv-Recherche über ein Geheimtreffen in Potsdam diskutiert. Es verwundert ein wenig, dass manche das in Zweifel ziehen – sagt Björn Höcke es doch auf offener Bühne. Beim Pegida-Jubiläum in Dresden dachte er 2023 laut darüber nach, Jahrzehnte der Migration "rückabzuwickeln", bis "Deutschland wieder Deutschland ist" (Quelle).
Höcke wurde auch schon deutlicher: In seinem Buch schrieb der AfD-Politiker 2018 über den angeblich "bevorstehenden Volkstod", gegen den nur ein "großangelegtes Remigrationsprojekt" helfen würde. Wer jetzt glaubt, der verharmlosende Begriff der "Remigration" sei nicht gleichzusetzen mit gewaltsamen Deportationen, dem sei gesagt: Höcke sprach im gleichen Atemzug von einer "Politik der 'wohltemperierten Grausamkeit'", um die man in diesem Zusammenhang nicht "herumkommen" werde.
Auch an die politischen Gegner richtete Höcke schon 2018 Worte in seinem Buch. Worte, die drastischer ausfallen als das, was in dieser Hinsicht beim Treffen in Potsdam besprochen worden sein soll: Man werde "leider ein paar Volksteile verlieren", so Höcke, "die zu schwach oder nicht willens sind, sich der fortschreitenden Afrikanisierung, Orientalisierung und Islamisierung zu widersetzen“. Er denke an einen "Aderlass", sieht sich als "Zuchtmeister", der den "Saustall ausmisten" will. Völkische Ideologie und Gewalt gehen hier Hand in Hand.
Völkische Familienpolitik: Kinder kriegen für Deutschland
Die völkische Ideologie schlägt sich auch in den familienpolitischen Positionen der AfD nieder. "Die AfD bekennt sich zur Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft", hieß es im Wahlprogramm zur letzten Bundestagswahl. Eine Familie bestehe aus Mutter, Vater und Kindern. Frauen sollen möglichst viele Kinder gebären, Zuwanderung werde dann überflüssig. Nicht nur sprachlich gibt es auch hier wieder Parallelen zur NS-Zeit: Im Nationalsozialismus wurde die Familie als "Keimzelle der Volksgemeinschaft" bezeichnet (Quelle). Auch damals sollten Frauen vor allem viele Kinder kriegen ("Reproduktion des deutschen Volkskörpers"), was mit dem Mutterkreuz belohnt wurde – umgangssprachlich "Karnickelorden" genannt (Quelle).
Punkt 4: Verhältnis der AfD zur rechtsextremen Szene
"Martin Reble war Mitglied einer Kameradschaft und nahm an NPD-Demonstrationen teil, nun ist er Teil des Vorstands der AfD in Marzahn-Hellersdorf." Das schrieb der Berliner Tagesspiegel im Februar. Vergleichbare Fälle gab es in der AfD bereits zuvor. Wie der rbb kürzlich berichtete, nahm der heutige AfD-Bundestagsabgeordnete Steffen Kotré bereits 2009 an einem Neonazi-Aufmarsch in Dresden teil. Er habe sich vor Ort "ein Bild machen" wollen, sagt er heute. Auch Björn Höcke nahm 2010 an einem Neonazi-Aufmarsch in Dresden teil, den er als "friedliche Gedenkveranstaltung" zu verharmlosen versuchte (Quelle). Ein paar Beispiele von vielen.
Fall Andreas Kalbitz: Der gern gesehene Ausgeschlossene
Exemplarisch für den Umgang der AfD mit rechtsextremen Einstellungen ihrer Mitglieder steht der Fall Andreas Kalbitz. Der ehemalige Brandenburger Landeschef wurde im Mai 2020 aus der AfD ausgeschlossen, unter anderem weil er seine Mitgliedschaft in der "Heimattreuen Deutschen Jugend“ (HDJ) verschwiegen haben soll. Die HDJ ist eine Neonazi-Organisation, die sich an der Hitlerjugend orientierte. Sie steht auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei. Kalbitz wurde letztlich aus formalen Gründen ausgeschlossen – nicht, weil es sich bei ihm eindeutig um einen Rechtsextremisten handelt, der mit rassistischen Aussagen auffiel. Bis heute kämpft er um seine Rückkehr in die AfD (Quelle). Er erhalte dafür viel Zuspruch aus der Partei, berichtete der Spiegel 2022. Auch nach seinem Ausschluss tauchte Kalbitz bis zuletzt bei Veranstaltungen der AfD auf (Quelle).
Auch heute ist die AfD gut mit der rechtsextremen Szene vernetzt. Götz Kubitschek, Leiter des rechtsextremen sogenannten "Instituts für Staatspolitik" (IfS) in Schnellroda, gilt als Björn Höckes Stichwortgeber. Zu Veranstaltungen des IfS setzen sich regelmäßig Parteigrößen mit aufs Podium. Die rechtsextreme Organisation ist Dreh- und Angelpunkt der Vernetzung der rechtsextremen Partei mit dem rechtsextremen Vorfeld.
"Junge Alternative" als Radikalisierungsmotor: Fotos mit Identitären
Treiber dieser Vernetzung ist auch die rechtsextreme AfD-Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" (JA). Ein Beispiel aus Baden-Württemberg: Im Mai fand eine Veranstaltung der JA im Landtag in Stuttgart statt, in Räumlichkeiten der AfD-Fraktion. Auf einem Foto war neben Fraktionschef Anton Baron auch ein führender Identitären-Kader aus Stuttgart zu sehen (Quelle). Baron bezeichnete das hinterher als "Missgeschick" (Quelle). Etwa zwei Monate später ließ sich der AfD-Bundestagsabgeordnete Matthias Helferich, der sich selbst einst "das freundliche Gesicht des NS" nannte, ebenfalls mit dem Identitären-Kader ablichten. Wieder bei einer Veranstaltung der JA, wieder in Stuttgart, wenn auch diesmal nicht im Landtag (Quelle).
Treffen mit Rechtsextremist Martin Sellner: Nicht bloß Potsdam, auch Berlin
Aktuell sorgen Treffen von AfD-Politikern mit dem Kopf der Identitären Bewegung, dem Rechtsextremisten Martin Sellner aus Österreich, für Aufsehen. Ein solches Treffen gab es nicht nur in Potsdam, wie die Correctiv-Recherche zeigte, sondern auch in Berlin. Laut Spiegel trafen sich im Juni 2023 der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah und Sellner mit weiteren Rechten bis Rechtsextremen in der Wohnung des ehemaligen Berliner Ex-CDU-Finanzsenators Peter Kurth. Auch die Berliner AfD-Chefin Kristin Brinker war laut rbb anwesend.
Auch ihre Mitarbeiter rekrutiert die AfD teilweise aus rechtsextremen Kreisen. Bestes Beispiel: Mario Müller, den der Stern den "militanten Arm der Identitären Bewegung" nennt, arbeitet für den Bundestagsabgeordneten Jan Wenzel Schmidt. Bei Müller handelt es sich um einen mehrfach vorbestraften Gewalttäter, der sich als junger Erwachsener in klassischen Neonazi-Strukturen bewegte und nun Zugriff auf Informationssysteme des Bundestags hat. In die Räumlichkeiten darf er nicht. Müller nahm am Geheimtreffen in Potsdam teil, wo er sich laut Correctiv damit brüstete, für eine Hetzjagd auf Linke verantwortlich zu sein. Er bestreitet das (Quelle).
Punkt 5: Es ist nicht bloß Björn Höcke
Björn Höcke ist gar nicht so mächtig, er steht gar nicht für die Partei im Gesamten, sein Einfluss ist begrenzt. Mit diesen Argumenten wird immer wieder versucht, den Rechtsextremismus-Vorwurf gegen die AfD abzuwehren. Wie schon an vielen Beispielen gezeigt, stützt sich der Vorwurf aber bei weitem nicht nur auf den Thüringer Landeschef und irgendwelche radikalen Kleinstadtpolitiker. Auch andere führende Politiker tragen zur Einschätzung bei, dass es sich bei der AfD längst um eine rechtsextreme Partei handelt. Genannt wurden unter anderem bereits: Alexander Gauland, Ehrenvorsitzender. Peter Boehringer, Bundessprecher. Maximilian Krah, Europawahl-Spitzenkandidat.
Aktuell wird die AfD von der Doppelspitze Alice Weidel und Tino Chrupalla geführt. Chrupalla soll 2021 laut Spiegel und Zeit selbst an einem Geheimtreffen von Rechtsextremen teilgenommen haben, der sogenannten "Düsseldorfer Runde". Man könnte sagen, dass es sich beim Geheimtreffen von Potsdam 2023 um eine Nachfolgeveranstaltung handelte. AfD-Kreise bestätigten den Journalisten Chrupallas Teilnahme. Chrupalla sagte, er könne sich an nichts erinnern – und machte eine ironische Anspielung auf Bundeskanzler Olaf Scholz (Quelle).
Brisante Weidel-Mail: "Marionetten der Siegermächte"
2017 berichtete die Welt am Sonntag (WaS) über eine Mail, in der von "kulturfremden Völkern" die Rede war, mit denen Deutschland "überschwemmt" werde. Von "Verfassungsfeinden, von denen wir regiert werden". "Diese Schweine sind nichts anderes als Marionetten der Siegermächte des 2. WK", hieß es darin weiter. Was sich anhört wie eine x-beliebige Rede auf einer x-beliebigen Neonazi-Demo, hat für enormes Aufsehen gesorgt. Denn: Absenderin der Mail, die aus dem Jahr 2013 stammen soll, war laut Bericht die heutige AfD-Vorsitzende Alice Weidel (Quelle).
Der WaS lag dazu eine eidesstattliche Versicherung des Empfängers vor, dass die Mail von Alice Weidel stammte. Nachdem Weidel den Bericht zu verhindern versuchte und über ihre Anwälte eine "Fälschung" behaupten ließ, wurde in einem späteren Anwaltsschreiben nichts Derartiges mehr behauptet. Eine eidesstattliche Versicherung, dass sie nicht die Verfasserin ist, wollte Weidel offenbar nicht abgeben (Quelle). Fragen dazu weicht sie bis heute aus (Quelle).
Punkt 6: Die AfD teilt sich mit Rechtsterroristen eine Weltanschauung
Kai Bormann, AfD-Bezirksverordneter in Berlin-Mitte, schrieb im August 2023 auf Twitter: "Dass er ein Mörder war, beweist ja nicht, dass er politisch falsch lag." Gemeint war der Rechtsterrorist, der 2011 in Oslo und Utøya 77 Menschen aus rassistischen Motiven ermordete. Anlass für den Tweet war ein Beitrag des Volksverpetzers über die rechtsextreme Verschwörungserzählung vom "Großen Austausch" (Quelle).
Der "Große Austausch": Was Gauland und von Storch mit Rechtsterroristen verbindet
Die Verschwörungserzählung vom "Großen Austausch" oder "Bevölkerungsaustausch" basiert auf der völkischen Ideologie, Rassismus und antisemitischen Stereotypen. Es wird behauptet, es gebe eine von "Eliten" geplante, gesteuerte Masseneinwanderung nach Europa, die dem Ziel diene, die weiße Bevölkerung zu "ersetzen" und damit letztlich auszulöschen. Der norwegische Massenmörder hing dieser Verschwörungserzählung an, ebenso wie die Attentäter von Christchurch, Halle und weitere Rechtsterroristen. Und ebenso wie AfD-Politiker aus dem Zentrum der Macht.
Zwei Beispiele: „Die Pläne für einen Massenaustausch der Bevölkerung sind längst geschrieben“, behauptete die AfD-Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch 2016 in einem Tweet. Der Beitrag ist bis heute online (Quelle).„Die Bundeskanzlerin will vollendete Tatsachen schaffen, bevor sie abtritt", behauptete zwei Jahre später Alexander Gauland beim sogenannten Kyffhäusertreffen (Quelle). "Sie will den Bevölkerungsaustausch unumkehrbar machen. Wir sollen als Volk und als Nation allmählich absterben.“ Es war weder das erste noch das letzte Mal, dass der heutige Ehrenvorsitzende der AfD sich auf die rechtsextreme Verschwörungserzählung bezog.
Birgit-Malsack WInkemann: AfD-Politikerin unter Terrorverdacht
Die Verbindungen der AfD zum Rechtsterrorismus sind aber nicht bloß ideologischer Natur. Der Mörder von Walter Lübcke war beispielsweise Wahlkampfhelfer der AfD (Quelle). Und mit Birgit Malsack-Winkemann steht aktuell eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete selbst unter Verdacht, Teil einer mutmaßlichen Terrorgruppe um Heinrich Prinz Reuß gewesen zu sein. Sie soll unter anderem ehemaligen Soldaten dabei geholfen haben, den Bundestag auszuspähen. Die Gruppe hatte laut Ermittlern vor, das Parlamentsgebäude zu stürmen und Regierungspolitiker "abzuführen" (Quelle).
Fazit: Die AfD ist eine durch und durch rechtsextreme Partei
Es gäbe noch so viel mehr zu sagen. Noch so viele Beispiele zu zitieren und Punkte anzubringen. Manche Zitate, wie Gaulands berüchtigter "Vogelschiss", sind so häufig wiederholt worden, dass man die Ungeheuerlichkeit der Aussagen fast darunter begraben hat. Und stetig kommen neue hinzu.
Eines sollte aber auch jetzt schon klar geworden sein: Die AfD ist keine "rechtspopulistische" Partei, schon lange nicht mehr. Sie ist auch nicht mehr nur "in Teilen rechtsextrem". Die AfD ist eine durch und durch rechtsextreme Partei, von der Führungsebene bis zur Basis. Ob das Bundesamt für Verfassungsschutz früher, später oder überhaupt nicht zu demselben Schluss kommt, ändert nichts daran.