Baden-Württemberg

Rechtsextremisten im Landtag: Identitären-Kader bei Termin mit AfD-Fraktionschef

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Der Landtag in Stuttgart. © Gabriel Habermann

Bei einer Veranstaltung im baden-württembergischen Landtag mit AfD-Fraktionschef Anton Baron war ein führendes Mitglied der rechtsextremistischen Identitären-Gruppe "Wackre Schwaben" anwesend. Das zeigt ein Foto, dass die AfD-Nachwuchsorganisation "Junge Alternative" (JA) auf Facebook und Instagram veröffentlichte. Worum ging es bei dem Termin? Und wer ist verantwortlich?

JA Baden-Württemberg: Foto mit unkenntlich gemachten Teilnehmern

"Gestern besuchte uns der Stellvertretende Landesvorsitzende der JA Hessen im Stuttgarter Landtag", schrieb die JA Baden-Württemberg am Sonntag (21.05.) auf Facebook. "Der Fraktionsvorsitzende Anton Baron MdL und Dominik Asch tauschten sich dort über Metapoltik aus, worüber Dominik Asch zuvor einen Vortrag hielt." Auf dem Bild, das dazu veröffentlicht wurde, sind 16 Personen zu sehen. Anton Baron, JA-Mitglieder – und Michael S. aus Stuttgart sowie drei weiter, unkenntlich gemachte Personen.

Michael S. aus Stuttgart: Führender Kader der "Wackren Schwaben"

Michael S. ist einer der führenden Kader der Gruppierung "Wackre Schwaben", die dem Landesamt für Verfassungsschutz (LfV) als Nachfolgeorganisation der "Identitäre Bewegung Schwaben" gilt. Der Namenswechsel hat strategische Gründe, doch das LfV stellte schon 2021 fest: An der völkischen Ideologie der Gruppe hat sich nichts geändert. S. posiert als eines der wenigen Mitglieder der "Wackren Schwaben" offen auf Bildern der Gruppe, zeigt sich in Imagefilmen beim Wehrsportübungen und nimmt nachweislich an Aktionen teil.

Identitären-Kader im Landtag: Was wusste die AfD-Fraktion?

Die JA Baden-Württemberg bedankt sich in ihrem Facebook-Beitrag bei Anton Baron und der AfD-Landtagsfraktion für die "Möglichkeit", diese Veranstaltung abzuhalten. War es also eine Veranstaltung der "Jungen Alternative"? Warum werden Teilnehmer unkenntlich gemacht? Wer hat den Stuttgarter Identitären-Kader eingeladen? Und war allen Beteiligten, inklusive der AfD-Fraktion, bekannt, welche Rolle Michael S. bei den "Wackren Schwaben" spielt?

Diskursverschiebung nach rechts: Worum es bei "Metapolitik" geht

Sowohl Anton Baron als auch die JA Baden-Württemberg reagierten bislang nicht auf eine Anfrage unserer Redaktion. Dass der JA klar war, wer Michael S. ist, liegt nahe. Bei der Veranstaltung ging es um "Metapoltik" – in der neurechten Ideologie ist damit die Besetzung des "vorpolitischen Raums" gemeint. Es ist ein Kampf um Deutungshoheit, Begriffe und um die Verschiebung des Diskurses nach rechts. Eine Strategie, die zur DNA der rechtsextremistischen Identitären gehört.

Radikalisierungsmotor JA: Als "gesichert rechtsextremistisch" eingestuft

Die Nähe der JA zu Gruppierungen wie den Identitären hat unter anderem dazu geführt, dass die AfD-Nachwuchsorganisation mittlerweile vom Bundesamt für Verfassungsschutz als gesichert rechtsextremistisch eingestuft wird. Auch das LfV sieht einen engen Kontakt der JA "mit anderen rechtsextremistischen Akteuren, die sie als ‚politisches Vorfeld‘ bezeichnet, und will diesen Kurs auch in ihrer Mutterpartei […] stärken“.

Vieles deutet darauf hin, dass die Veranstaltung im Landtag von Baden-Württemberg eben genau das war: Ein weiterer Versuch, den radikalen Kurs zu stärken, hin zu weniger Berührungsängsten mit offen rechtsextremistischen Akteuren. Dass die JA nicht auf dem Schirm hatte, wer da zu Gast war, ist kaum denkbar. JA-Vorstandsmitglied Arthur Hammerschmidt markierte auf Instagram auf dem Foto der Veranstaltung das Profil von Michael S. – das klare Bezüge zu den Identitären aufweist.

Unruhe im Landtag: Wie viele Rechtsextremisten haben Zugang?

Im Landtag von Baden-Württemberg herrscht ohnehin Unruhe. Mit Steffen Degler arbeitet mindestens ein führendes Mitglied der JA BW für einen AfD-Politiker. Manche Fraktionen sind in Sorge, fordern eine Überprüfung der Regeln für den Zutritt. Dass sich nun ein führender Identitären-Kader im Landtag aufhielt, dürfte nicht zur Beruhigung der Situation beitragen.

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