Gericht verbietet Fiechtner die sexistische Diffamierung einer SWR-Journalistin
Das Landgericht Potsdam hat dem ehemaligen Landtagsabgeordneten Heinrich Fiechtner (Ex-AfD) aus Stuttgart die frauenverachtende und sexistische Diffamierung der SWR-Journalistin Lisa Hüttl untersagt. Das teilte der SWR unserer Redaktion mit. Fiechtner hatte sich nach Veröffentlichung einer Doku über radikale Imfgegner, in der er selbst zu Wort kam, herabwürdigend über die Journalistin geäußert. Sollte er seine Äußerung wiederholen, drohen ihm ein hohes Ordnungsgeld oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten.
Die Vorgeschichte: "Wie weit gehen radikale Impfgegner?"
Die Entscheidung des Landgerichts Potsdam hat eine längere Vorgeschichte: Ende Januar hat der SWR die Dokumentation „Rache für Corona – wie weit gehen radikale Impfgegner?“ veröffentlicht. Sie ist nach wie vor über die ARD-Mediathek verfügbar. Die beiden Journalisten LIsa Hüttl und Nino Seidel haben sich für die Doku aus der Reihe "Vollbild" mit der Forderung der Querdenker-Szene nach Aufarbeitung der Corona-Zeit beschäftigt – und den Rachefantasien, die sich häufig dahinter verbergen.
Für die Doku besuchten die Journalisten auch den Stuttgarter Arzt Heinrich Fiechtner, der in den letzten Jahren immer wieder bei Demos der Querdenker-Szene in Erscheinung trat. Er zählt zu den bekanntesten Figuren der Szene in der Region Stuttgart und erlangte auch überregional durch Demo-Auftritte Bekanntheit. Er fiel bereits mehrfach mit radikalen Aussagen auf. Auf Telegram folgen ihm tausende Menschen. Hüttl und Seidel konfrontierten Fiechtner unter anderem damit, dass er gegen den Wunsch der Angehörigen und ohne Belege den Tod eines Arztes aus Baden-Württemberg für Stimmungsmache gegen die Corona-Impfung benutzt.
Telegram-Kommentar: Anwalt "Finger abhacken" und "Zunge rausschneiden"
Die Dokumentation rief heftige Reaktionen in der Querdenker-Szene hervor. Heinrich Fiechtner wetterte auf Telegram gegen die Journalisten, insbesondere gegen Lisa Hüttl. Dabei verwendete Fiechtner auch einen beleidigenden, sexistischen und pressefeindlichen Begriff. Als Hüttls Anwalt ihn deshalb schriftlich aufforderte, eine Unterlassungserklärung zu unterzeichnen, veröffentlichte Fiechtner das Dokument. Jemand kommentierte, man müsse den Anwalt "mal besuchen", ihm "die Zunge rausschneiden" und "die Finger abhacken wie im Mittelalter". Der Kommentar ist mittlerweile gelöscht.
Heinrich Fiechtner: Sexistische Diffamierung gelöscht
Nun hat das Landgericht auf Antrag von Lisa Hüttl eine entsprechende einstweilige Verfügung erlassen. "Fiechtner darf die betroffene Diffamierung gemäß dem Beschluss des Landgerichts nicht wiederholen", so der SWR. Das Gericht habe sich in seiner Begründung der Argumentation der Journalistin und ihres Rechtsanwalts angeschlossen. Sollte Fiechtner sich nicht daran halten, droht ihm ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro oder Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten. Er hat hat die sexistische Diffamierung auf Telegram mittlerweile aus seinen Beiträgen gelöscht. "Auf Beschluss des Landgerichts Potsdam [...] bis zum Hauptsacheverfahren zensiert, gemeint war natürlich der SWR", schreibt er.
Eine Anfrage unserer Redaktion beantwortet Fiechtner mit weiteren medienfeindlichen Äußerungen. "Ach, der kleine rasende faschistische Reporter mal wieder", schreibt er beispielsweise zu Beginn. "Übelwollende, bösartige und menschenfeindliche Kreaturen" würden bei ihm auf Widerstand treffen, das schließe auch den SWR mit ein. Dabei wiederholt Fiechtner den diffamierenden Begriff. Weder Hüttl noch Seidel seien damit gemeint gewesen, behauptet er. Die Frage, ob er juristisch gegen die einstweilige Verfügung vorgehen wolle, beantwortet Fiechtner mit den Worten: "Ich freue mich, Sie bei der Berufungsverhandlung persönlich begrüßen zu können [...]."
SWR-Chefredakteur Frey: Ausmaß "nicht mehr hinzunehmen"
SWR-Chefredakteur Fritz Frey begrüßt die Entscheidung des Landgerichts Potsdam. Bereits Anfang Februar hatte er unserer Redaktion gesagt, dass persönliche Angriffe gegen Journalistinnen und Journalisten Teil einer Strategie seien, mit der journalistisches Arbeiten unmöglich gemacht werden solle. „Der SWR und LABO M, die Produktionsfirma, mit der wir VOLLBILD zusammen produzieren, stehen entschieden vor unseren Journalistinnen und Journalisten."
Ebenfalls im Februar hatte Frey angekündigt, dass der SWR zukünftig stärker gegen Anfeindungen vorgehen will. "Inzwischen haben Beleidigungen und Drohungen ein Maß erreicht, das nicht mehr hinzunehmen ist", so der Chefredakteur. "Schon aufgrund unserer Schutzpflicht für Kolleginnen und Kollegen werden wir gegen entsprechende Rechtsverletzungen vorgehen."