VAR-Ärger beim VfB: Wird der Videobeweis reformiert? DFB-Sprecher nimmt Stellung
So richtig freuen konnte sich beim VfB Stuttgart niemand über den späten Ausgleich beim 2:2 in Wolfsburg. Vielmehr stand der Frust über Referee Sven Jablonski und den Videobeweis im Mittelpunkt: Der Referee hatte Atakan Karazor nach einer klaren Fehlentscheidung mit Gelb-Rot vom Platz geschickt und anschließend eine Rote Karte von Wolfsburgs Amoura zurückgenommen. In der einen Szene Griff der VAR ein, in der anderen nicht. In dieser Form sorgt der VAR für massives Unverständnis. Wieso reformiert der DFB den Videoassistenten nicht endlich? Wir haben mit Alex Feuerherdt, Sprecher der DFB-Schiedsrichter, gesprochen.
Wollen Sie unseren VfB-WhatsApp-Channel abonnieren? Dann klicken Sie hier auf diesen Link.
Seit sieben Jahren ist der VAR im deutschen Fußball im Einsatz. Der Videoassistent hat in dieser Zeit schon viele Fehler der Referees korrigiert, aber auch für viel Frust gesorgt. So auch am Samstagnachmittag in Wolfsburg. Selten wurde der Einsatz des VAR so ad absurdum geführt wie bei den beiden Schlüsselszenen des VfB-Spiels. Szene eins: Atakan Karazor sieht nach einer klaren Fehlentscheidung von Sven Jablonski die Gelb-Rote Karte. Doch der VAR darf in dieser Situation nicht eingreifen, weil es nur um eine Verwarnung (zweite Gelbe Karte) geht. Das Regelwerk sieht nicht vor, dass der Schiedsrichter in diesem Fall in die Review Area geschickt wird. Inzwischen haben die Schwaben Einspruch gegen den Platzverweis eingelegt.
„Diese Regel soll verhindern, dass wir ständig Gelbe Karten überprüfen“
Szene zwei: Nur elf Minuten später steigt Wolfsburgs Amoura gegen Jamie Leweling überhart von hinten ein. Sven Jablonski zeigt direkt die Rote Karte. Doch dann greift der VAR ein, der Referee wird in die Review Area geschickt. Da kein Kontakt vorliegt, nimmt Jablonski die Entscheidung zurück. Ob diese Entscheidung richtig ist oder nicht, sie zeigt die Krux am VAR-Einsatz: In Szene eins darf der Videoassistent nicht eingreifen, in Szene zwei schon. Und das, obwohl sowohl eine Gelb-Rote als auch eine glatt Rote Karte die gleiche Konsequenz haben: einen Platzverweis. Wie kann das sein?
„Eine Gelb-Rote Karte ist rein formal nur eine zweite Verwarnung“, erklärt Alex Feuerherdt, Sprecher der DFB Schiri GmbH. „Bei einer Verwarnung sieht das Regelwerk keinen Eingriff des VAR vor.“ Der Grund: „Diese Regel soll verhindern, dass wir ständig Gelbe Karten überprüfen“, so der Experte. Das würde den Spielfluss massiv behindern. So weit so gut, aber: Wieso könnte man nicht einfach sagen, dass jeder Platzverweis – egal ob Rot oder Gelb-Rot – überprüft wird?
„Ja, das könnte man machen. Aber dann müsste man auch den umgekehrten Fall überprüfen“, meint Feuerherdt. Sprich: Wenn in Zukunft eine gegebene Gelb-Rote Karte überprüft werden kann, dann müsste man auch jedes Foulspiel eines jeden Spielers checken, der bereits mit Gelb verwarnt ist und dafür vielleicht eine Gelb-Rote Karte bekommen könnte. Das würde den VAR-Einsatz noch komplizierter machen. „Man kann das eine nicht ohne das andere einführen. Und man muss diskutieren: Gibt es mögliche Nachteile? Wenn ja, wie sehen die aus? Das ist kompliziert.“
„Die Forderung, dass wir einfach mal den VAR reformieren sollen – das geht so nicht“
Doch auch Feuerherdt versteht, dass die beiden Szenen im Spiel des VfB Stuttgart beim VfL Wolfsburg für Unverständnis sorgen. Denn selbst Schiedsrichter Sven Jablonski sagte nach dem Spiel: „Ich würde mir wünschen, die Chance zu haben, da rauszugehen. Denn dann hätte ich sehr schnell festgestellt, dass die Entscheidung falsch war." Daher meint der Sprecher der DFB-Schiris: „Ja, vielleicht bedarf das Protokoll mal einer Überarbeitung.“ Doch so einfach geht das nicht, dem DFB sind die Hände gebunden. „Die Forderung, dass wir einfach mal den VAR reformieren sollen – das geht so nicht.“
Denn: Für das Regelwerk und damit auch den Einsatz des VAR ist das IFAB (International Football Association Board) zuständig. Der DFB hat beim Thema VAR und wann dieser zum Einsatz kommt, also gar keine Entscheidungsgewalt. „Einmal im Jahr, nämlich im März, kommen die Regeländerungen des IFAB zur neuen Saison. Davor gibt es viele Sitzungen, in denen diese Änderungen besprochen werden“, erklärt Feuerherdt. Ein Gremium von acht Personen (vier aus den britischen Fußballverbänden, vier aus der FIFA) trifft diese Entscheidungen.
„Eine Änderung im Bezug auf den VAR-Einsatz bei Gelb-Roten Karten kann also nur die IFAB treffen“, meint Feuerherdt. Um diesen Prozess in Gang zu bringen, müsste der DFB einen Antrag bei der IFAB auf Regeländerung stellen. „Das könnte man durchaus mal diskutieren“, so der DFB-Sprecher. Ob der Antrag dann Erfolg hat, sei schwer abzuschätzen. Fakt ist daher: Auch in naher Zukunft wird der VAR bei Gelb-Roten Karten nicht eingreifen dürfen – außer der IFAB schlägt diese Regeländerung im März 2025 selbst vor. Das erscheint aber eher unwahrscheinlich.