Wie Neuzugang El Khannouss dem VfB-Spiel bereits jetzt seinen Stempel aufdrückt
Stuttgart. Europa-League-Start, 58.000 Zuschauer, Flutlicht, ein 2:1 gegen Celta Vigo – und ein VfB Stuttgart, der nicht nur gewinnt, sondern wirkt, als hätte er das internationale Parkett seit Jahren abonniert. Die Mannschaft von Trainer Sebastian Hoeneß war defensiv fast fehlerfrei, presste in den entscheidenden Momenten aggressiv, kombinierte sich technisch sauber durchs Mittelfeld. Und mittendrin ein Spieler, der den Unterschied ausmacht, obwohl er erst seit ein paar Wochen hier ist: Bilal El Khannouss.
Der 21-Jährige aus Marokko schleicht nicht, er schwebt. Schon beim 2:0 gegen St. Pauli in der Liga hatte er sich zwischen den Linien bewegt wie ein Schatten, ständig anspielbar, immer mit dem Blick für den nächsten Pass. Eine klassische Zehn, die selten geworden ist im modernen Pressing-Fußball. Gegen Vigo zeigte er, dass diese Position alles andere als altmodisch ist. „Er setzt den Ball überragend mit der Innenseite“, staunte Hoeneß über den Treffer zum 2:0 – ein Schuss, so präzise wie unaufgeregt.
Was das Spiel von Bilal El Khannouss auszeichnet
Dass El Khannouss dem Stuttgarter Spiel schon jetzt seinen Stempel aufdrückt, grenzt an eine kleine Sensation. Am letzten Tag der Transferperiode kam er auf Leihbasis von Leicester City, wenige Tage später stand er beim 1:3 in Freiburg schon in der Startelf. Hoeneß machte damit früh klar, welchen Wert er dem Offensivmann beimisst. Der VfB hatte da gerade turbulente Wochen hinter sich, der Trainer aber sah, was der schmale, 1,80 Meter große Dribbler sofort bringen würde: Ruhe am Ball, den Mut zum riskanten Pass – und eine Selbstverständlichkeit, die den Gegner zwingt, immer einen Schritt mehr zu machen.
Hoeneß beschreibt ihn als „sehr offenen, zugänglichen Jungen“ mit „positiver Ausstrahlung“. Tatsächlich wirkt El Khannouss, als sei er schon lange Teil der Mannschaft. Er redet viel auf dem Platz, er fordert Bälle, er dirigiert. Mit 21. Und das in einer Sprache, die er gerade erst lernt. „Ich spreche Französisch, Holländisch, Englisch, Arabisch und ein bisschen Spanisch“, sagt er – Deutsch will er so schnell wie möglich hinzufügen. Dass er Talent für Sprachen hat, passt zu seiner Art Fußball zu spielen: Er versteht das Spiel wie eine Sprache, in der man sich mühelos bewegt.
Der VfB zelebrierte den Auftakt in die Europa League
Für den VfB ist El Khannouss mehr als ein gelungener Transfercoup. Er ist ein Symbol für eine Mannschaft, die wieder europäisch denkt. Nach dem Champions-League-Jahr schien die Europa League fast wie eine kleinere Bühne, doch Stuttgart zelebrierte den Auftakt. Hoeneß: „Ein absolut verdienter Sieg, auch wenn es am Ende noch einmal eng wurde. Über 85 Minuten waren wir das klar bessere Team.“
Während Badredine Bouanani mit einem gefühlvollen Lupfer sein erstes Tor für den VfB erzielte, lenkte El Khannouss das Spiel, als hätte er hier schon 50 Europapokalspiele absolviert. Er ließ Bälle prallen, drehte sich in engen Räumen, setzte Angreifer in Szene. Und er traf. Wer sehen wollte, wie aus einem talentierten Leihspieler in wenigen Wochen ein spielstarker Stratege wird, der musste nur diesem Abend zusehen.
Die Kaufoption, die sich Stuttgart bei der Leihe gesichert hat, wirkt nach zwei Startelf-Auftritten fast wie ein Formfehler, den man bald korrigieren wird. Die Bedingungen dafür sind überschaubar – und niemand am Neckar wird etwas dagegen haben, wenn der Deal schnell dauerhaft wird. Bilal El Khannouss ist selbstverständlich noch längst nicht fertig mit seiner Entwicklung, das wissen alle. Doch schon jetzt verändert er die Statik eines Spiels, gibt dem VfB eine neue Achse und eine neue Idee. Und das alles nach nur wenigen Wochen.