VfB Stuttgart

BVB als zweiter Prüfstein: Wie stark ist der VfB Stuttgart wirklich?

Fußball  VfB Stuttgart vs. FC Augsburg
Deniz Undav bleibt vorerst die zentrale Anspielstation im VfB-Sturm – während Ermedin Demirovic weiter auf sein Comeback hinarbeitet. © Volker Mueller

Stuttgart. Der VfB Stuttgart tritt am Samstag beim BVB an – mit einer erstaunlich guten Bilanz unter Sebastian Hoeneß, aber gegen eine Dortmunder Mannschaft, die zu Hause seit Monaten stabil auftritt. Hoeneß lobt den neuen Ansatz unter Niko Kovac, während der VfB selbst noch an einigen Personalfragen arbeitet. Auch das mögliche Dezember-Comeback von Ermedin Demirovic bleibt offen. Was Stuttgart in Dortmund erwartet – und warum die Partie mehr als nur ein weiterer Termin im dichten Programm ist.

Wenn Sebastian Hoeneß über den BVB spricht, dann wie jemand, der ein gut gepflegtes Gerät beschreibt: Läuft wieder, sieht solide aus, und wenn man nicht aufpasst, tut es weh. „Sie stehen mit Niko anders da. Der Spirit ist da, die Bereitschaft zu marschieren, die Laufdaten sind beeindruckend.“ Das klingt nach Anerkennung, nicht nach Ehrfurcht. Vielleicht, weil Hoeneß gerade der Letzte wäre, der sich vom Dortmunder Stadion oder der Folklore beeindrucken lässt. Vielleicht aber auch, weil sein VfB gegen Dortmund seit sechs Pflichtspielen nicht verloren hat. Fünf Siege, ein Remis – man muss sich die Bilanz nicht schönreden.

Auf den VfB Stuttgart warten vier Auswärtsspiele in Folge

Und doch reist Stuttgart in den kommenden Wochen eher wie eine Interrail-Truppe als wie ein Bundesligist. Vier Auswärtsspiele hintereinander, über 2500 Reise-Kilometer, dazwischen ein paar Nächte in Hotels, manchmal auch in Bus und Flieger. Aus Deventer, wo die Go-Ahead Eagles in der Europa League warten, geht es direkt weiter nach Hamburg. Eine Art Reisemarathon, der inzwischen so selbstverständlich wirkt, dass Hoeneß ihn nicht mal mehr als Problem verkauft.

Das Spiel in Dortmund ist dennoch ein anderes Kaliber. Nicht, weil Hoeneß das behauptet, sondern weil die Zahlen es tun. Die Borussia ist seit zehn Heimspielen ungeschlagen, neun davon gewonnen. Die letzte Niederlage gab es im März gegen Augsburg, also ungefähr in einer Fußballzeitrechnung, die schon wieder weit weg wirkt. Und gleichzeitig ist Dortmund gegen Stuttgart seit Oktober 2022 ohne Sieg. Damals gab es ein 5:0, das inzwischen eher wirkt wie ein verlorener Eintrag in einem Archiv, das niemand mehr durchsieht.

Für den VfB ist die Partie eine Art zweiter Prüfstein in dieser Saison – nach dem 1:3 in Leipzig, einem Spiel, das Hoeneß als „über weite Strecken gut“ bezeichnet, „aber nicht gut genug in den entscheidenden Verteidigungssituationen“. Das ist ein Satz, mit dem sich ganze Bundesliga-Nachmittage erklären lassen. Und einer, der zeigt, worauf es diesmal ankommen soll: Intensität, Konsequenz und Mut.

So ist der aktuelle Stand bei VfB-Stürmer Ermedin Demirovic

Personell bleibt Stuttgart weiterhin ein Puzzle mit beweglichen Teilen. Ermedin Demirovic arbeitet an seinem Comeback, das seit Wochen für Dezember vorgesehen ist, aber noch kein Datum hat. Kein Balltraining, gute Fortschritte, aber eine Verletzung, die Hoeneß so beschreibt: „Sie fühlt sich schnell gut an und kann dann wieder schlechter werden.“ Ein Satz, der in Wahrheit meint: Geduld. Der Weg zurück wird nicht beschleunigt. Also spielt weiterhin Deniz Undav vorne, und sollte etwas schiefgehen, stehen mit Jamie Leweling und Tiago Tomas zwei Spieler bereit, die von Haus aus Flügelstürmer sind, aber inzwischen wissen, wie sich das Zentrum anfühlt.

In der Abwehr hängt es von Luca Jaquez und Ramon Hendriks ab, wie sehr Hoeneß umstellen muss. Beide angeschlagen, beide Wackelkandidaten. Dan-Axel Zagadou ist eine Option, nicht nur aus Personalmangel, sondern weil er tatsächlich wieder aussieht wie jemand, der Bundesliga spielen kann, ohne Angst vor dem eigenen Körper zu haben. Sollte er spielen, trifft er möglicherweise auf Serhou Guirassy, früher Stuttgart, heute Dortmund, und aktuell zwischen Formsuche und Selbstverständnis. Zwei Tore seit Anfang Oktober, aber Hoeneß sagt über ihn dasselbe wie über den BVB: Gefahr bleibt Gefahr, auch wenn sie gerade leise ist.

Jeff Chabot hat derweil seinen ganz eigenen Zugang zu diesem Spiel. Sein erstes Bundesliga-Tor, der 2:1-Sieg in Dortmund im Februar 2025 – es gibt schlechtere Erinnerungen. Jetzt wartet ein Block von acht Spielen bis Weihnachten, der so fordernd aussieht, dass man sich fragt, wann der VfB eigentlich mal zu Hause schläft. Chabot sagt: „Spannende Herausforderungen.“ Was im Fußball ungefähr heißt: Es wird anstrengend.

Wie robust ist die VfB-Entwicklung der letzten Wochen?

Und damit landet man wieder bei diesem Samstag, 15.30 Uhr, Dortmund, 80.000 Zuschauer, viel Lärm. Hoeneß nennt es „anspruchsvoll“, aber nicht als Warnung, eher als Beschreibung der Realität. Der VfB geht dort nicht hin, um sich aufzurichten oder zu verstecken. Eher, um zu überprüfen, wie robust die eigene Entwicklung geworden ist. Kurz: Wie stark ist der VfB wirklich? Spiele in Dortmund sind selten Momente der Selbstinszenierung. Sie sind meistens präzise Gradmesser. Und die Stuttgarter haben zuletzt bewiesen, dass sie im Dortmunder Fußballtempel bestehen können – nicht, weil sie etwas Besonderes versuchen, sondern weil sie das Gewöhnliche konsequent machen.

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