DFB-Experte erklärt: Warum der VfB beim Stiller-Foul keinen Elfer bekommen hat
Der VfB Stuttgart hat zum ersten Mal seit dem 20. Januar 2024 wieder ein Bundesliga-Spiel verloren. Beim 1:2 in Bremen erwischten die Schwaben einen schlechten Tag und verschuldeten die Niederlage dadurch selbst. Allerdings ärgerten sich die VfB-Verantwortlichen über einen nicht gegebenen Elfmeter in der 68. Minute. Warum der Ärger verständlich ist, der VAR aber richtig gehandelt hat, erklärt Schiri-Experte Alex Feuerherdt vom DFB.
Elferszene gegen Bremen: VfB ärgert sich über die Schiri-Entscheidung
Die Szene hatte im Nachgang für Diskussionen gesorgt. Bremen-Keeper Zetterer kam bei einer Flanke aus dem Tor, Angelo Stiller kam zuerst an den Ball und setzte die Kugel über das Tor. Nach dem Kopfball streifte der Torhüter den VfB-Profi mit der Faust übers Gesicht. Ein richtig grobes Foulspiel war es zwar nicht, trotzdem protestierten die Spieler auf dem Feld und forderten einen Elfmeter. Den gab Robert Schröder nicht, auch nicht nach kurzer Rücksprache mit dem VAR.
„Für mich ist es Elfmeter. Es ist nicht hart, aber er trifft ihn im Gesicht. Da gehören die Fäuste nicht hin", meinte Sebastian Hoeneß nach dem Spiel. "Wir haben die Erfahrung gemacht, dass es da Elfmeter geben kann.“ Der Trainer sprach eine Szene am 32. Spieltag der vergangenen Saison an. Fabian Bredlow räumte damals Leverkusens Tapsoba nach einer Hereingabe im Strafraum ab, nachdem Dan-Axel Zagadou den Ball zuvor mit dem Kopf geklärt hatte. Der VfB-Keeper traf den Bayer-Profi heftig mit den Fäusten ins Gesicht. Der VAR griff ein, es gab Gelb für Bredlow und Elfmeter.
Warum gab es damals einen Elfmeter gegen den VfB, in Bremen blieb der Pfiff aber aus? Die Szene ist doch identisch, oder? Nein, meint Alex Feuerherdt vom DFB. Der 54-Jährige war als Schiedsrichter-Experte für Sky aktiv und ist Mitbetreiber des bekannten Schiedsrichter-Formats "Collinas Erben". Seit Juni 2023 ist er „Leiter Kommunikation und Medienarbeit“ bei der DFB Schiri GmbH. Was sagt der Experte zu der Szene?
Axel Feuerherdt vom DFB erklärt die strittige Elfmeter-Szene
Die Szene betreffe den großen Komplex „Stürmer schließt ab und wird danach gefoult“, so Feuerherdt. Solche Spielsituationen gebe es oft, wenn etwa ein Stürmer aurfs Tor schießt und danach vom herausstürmenden Torhüter gefoult wird. Es gebe dann keinen Elfmeter, weil "der Angreifer frei zum Abschluss kommt". Das sei laut dem 54-Jährigen angewandte Regelpraxis, auch wenn das Vergehen in der Theorie ein Foul wäre. Ein Beispiel wäre: Serhou Guirassy stürmt aufs Tor und schießt links am Kasten vorbei. Sekundenbruchteile später kommt der Torwart angerauscht und holt Guirassy von den Beinen. Dann sagt die Regelauslegung: Kein Elfmeter, da der Stürmer frei zum Abschluss kam.
So war es auch bei Angelo Stiller. Der VfB-Profi kam zum Abschluss, erst danach „wischte ihm Zetterer durchs Gesicht“, meint Feuerherdt. Da der Schiedsrichter die Szene als nicht strafwürdig beurteilte, konnte auch der VAR nicht eingreifen. „Es war kein rücksichtsloses Foul von Zetterer, das eine Gelbe Karte nach sich gezogen hätte“, so der DFB-Experte. Daher blieb es bei der Bewertung von Schiedsrichter Schröder auf dem Feld, der VAR hatte keine Handhabe für einen Eingriff - Ermessensspielraum eben.
Feuerherdt kann Ärger verstehen: Warum dem Experten das "Lehrwart-Herz schmerzt"
Bei der Leverkusen-Szene in der vergangenen Saison verhielt es sich anders: Zagadou klärte den Ball, es gab keinen Abschluss von Tapsoba – und Bredlow haute den Bayer-Profi danach um. Zudem war das Bredlow-Foul "rücksichtslos und damit gelbwürdig". Stiller hingegen kam frei zum Abschluss, erst danach kam es zum Kontakt. Erstens hatte Schiri Schröder diesen Zetterer-Kontakt als nicht „schlimm“ genug bewertet, zweitens griff der Unparteiische auf die angewandte Regelpraxis zurück. Der VAR konnte diese Ermessensentscheidung nicht rückgängig machen.
Trotzdem kann Alex Feuerherdt den Frust der VfB-Verantwortlichen verstehen. „Regeltechnisch ist der Kontakt ein Foul, das ist richtig. Aber in der Regelpraxis wird dieses Foul nicht gepfiffen, das ist auch International so.“ Doch es wird noch kurioser aus Sicht der Schwaben: Hätte Schiedsrichter Schröder das Foul im Spiel gepfiffen, hätte der VAR ebenfalls nicht eingreifen können und der Elfmeter wäre gegeben worden – Auslegungssache eben. „Mein Lehrwart-Herz schmerzt dabei. Regeltechnisch sind die Voraussetzungen für ein Foulspiel erfüllt, aber im Spiel wird es so gehandhabt.“ Der Schiedsrichter habe daher nichts falsch gemacht – nur die Regel zu Ungunsten des VfB ausgelegt.