Schluss mit Safety first! Was der VfB Stuttgart jetzt für die Rettung braucht
Der VfB Stuttgart ist nach der Niederlage gegen Wolfsburg am Tiefpunkt angekommen: Das Team von Trainer Bruno Labbadia ist Tabellenletzter. Dazu kippt die Stimmung bei den Fans. Wollen die Schwaben im Abstiegskampf noch die Wende schaffen, braucht es einen Paradigmenwechsel und mehr Mut zum Risiko, kommentiert unser VfB-Reporter Danny Galm.
Warum der VfB gegen Wolfsburg nicht nur ein Spiel verloren hat
Überspitzt könnte man formulieren: Der VfB hat mit seinem auf Sicherheit bedachten Verwaltungsfußball nicht nur das Heimspiel gegen Wolfsburg verloren, sondern auch die Unterstützung der Cannstatter Kurve verspielt.
Die geballte Harm- und Ideenlosigkeit der vorangegangenen 95 Minuten ließ die Enttäuschung der Fans nach dem Abpfiff in Wut umschlagen. Was folgte, war ein gellendes Pfeifkonzert versehen mit wütenden, fast schon verzweifelten „Aufwachen“-Rufen. Einer der Vorsänger auf dem Zaun deutete auf eine imaginäre Uhr am Handgelenk. Die Botschaft: Euch läuft die Zeit davon. Mit der Betonung auf euch. Das im Abstiegskampf häufig beschworene „Wir-Gefühl“, jenes Band zwischen den Anhängern und dem Team, es wurde am Samstagnachmittag gekappt. Fürs Erste zumindest.
Teilschuld trägt Trainer Bruno Labbadia
Eine Teilschuld daran trägt Trainer Bruno Labbadia, der dem Team mit seiner behäbigen und berechenbaren 4-3-3-Grundordnung scheinbar jegliche Energie geraubt hat. Das Stuttgarter Aufgebot wurde für ein energiegeladenes und temporeiches Flügelspiel zusammengestellt. In der aktuellen Ausrichtung werden jedoch die durchaus vorhandenen Stärken gehemmt, die Schwächen im Kader kommen hingegen noch deutlicher zum Vorschein. So spielten zuletzt mehr oder weniger erfolglos der Flügelflitzer Silas im Sturmzentrum und der gelernte Innenverteidiger Waldemar Anton auf der rechten Abwehrseite.
In der Folge ist Labbadias bisherige Bilanz eine einzige Katastrophe: Selbst Markus Weinzierl (0,9) holte in der Abstiegssaison 2018/19 aus seinen ersten zehn Spielen auf der Stuttgarter Trainerbank im Schnitt mehr Punkte als Labbadia (0,6).
VfB rauscht Richtung 2.Liga: Die Tabelle lügt nicht
Rauscht der VfB unter dem 57-Jährigen weiter ungebremst in Richtung Zweitklassigkeit, muss die sportliche Führung womöglich ein weiteres Mal die Reißleine ziehen. Die kommenden Auswärtsspiele in Liga (Union Berlin/VfL Bochum) und Pokal (1. FC Nürnberg) haben Endspielcharakter für Labbadia.
Den großen Teil der Verantwortung tragen jedoch die Spieler. Jenes wankelmütige und bis auf die Knochen verunsicherte Gebilde, das Woche für Woche von den Gegnern auch noch genüsslich stark geredet wird. „Die Tabelle lügt“, sagte Wolfsburgs Kapitän Maximilian Arnold mit Blick auf das Potential der Schwaben. Dabei ist die Rangliste mit ihren Punkten, erzielten und kassierten Toren vermutlich die einzige Instanz im Profigeschäft, die nicht zur Wahrheitsbeugung fähig ist.
Was den VfB Stuttgart noch retten könnte
Was der VfB jetzt für die Rettung braucht, ist eine Mannschaft, die endlich den Ernst der Lage begreift und einen Trainer, der seinen gescheiterten Sicherheitsfußball über Bord wirft. Schluss mit Safety first! Es braucht einen Paradigmenwechsel hin zu mehr Risikobereitschaft und Unberechenbarkeit. Im Zweifel zu Lasten der defensiven Stabilität.
Denn: Was gibt es in der aktuellen Situation noch zu verlieren? Lieber mit dem Mut der Verzweiflung kämpfen als mit der Angst vor der eigenen Courage untergehen.