VfB-Präsident Claus Vogt abgewählt: Tanja Gönner übernimmt Aufsichtsrats-Vorsitz
Großer Knall beim VfB Stuttgart: Präsident Claus Vogt wurde bei einer außerordentlichen Aufsichtsrats-Sitzung am Dienstagnachmittag (12.03.) als Vorsitzender des Gremiums abgewählt. An seiner Stelle wurde Tanja Gönner zur neuen Vorsitzenden gekürt. Peter Schymon, Mercedes-Vertreter im Kontrollgremium, bleibt wie bisher Stellvertreter, Vogt weiter Mitglied des Aufsichtsrats. Das teilte der Klub mit.
Neuordung im VfB-Aufsichtsrat: Warum Claus Vogt abgewählt wurde
Die Entscheidung sei demnach gefallen, "um die Vorstandsarbeit professionell begleiten, kontrollieren und fördern zu können". Ein deftiger Seitenhieb auf den bisher auf dem AR-Chefsessel sitzenden Vogt, der in der VfB-Pressemitteilung nicht einmal zu Wort kommt. Hinter den Kulissen war dem amtierenden Präsidenten (Amtszeit bis 2025) laut einem Sky-Artikel immer wieder fehlende Entscheidungsfähigkeit, fehlende Kompetenz, schlechte Vorbereitung und schlechte Kommunikation nach innen und außen vorgeworfen worden. Nun ist seine Zeit als starker Mann im AR vorbei.
"Tanja Gönner, mit der erstmals eine Frau den Aufsichtsrat des VfB Stuttgart leitet, verfügt mit ihrer Erfahrung als ehemalige Ministerin des Landes Baden-Württemberg, langjährige Vorstandssprecherin eines Bundesunternehmens und amtierende Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbands der Deutschen Industrie über die erforderliche persönliche und fachliche Kompetenz", heißt es in der Mitteilung zu Gönners Qualifikationen. Als vom VfB e.V. 2022 in den Aufsichtsrat entsandtes Mitglied sei sie zudem in der Position, "die Interessen der Vereinsmitglieder führungsstark zu vertreten". Auch hier schimmert ein Vorwurf an Vogt durch.
Warum die Abwahl von VfB-Präsident Claus Vogt als AR-Chef so brisant ist
Die Entscheidung ist vor dem Hintergrund einer mündlichen Zusage, die den Mitgliedern im Zuge der Ausgliederung 2017 gleich mehrfach gegeben wurde, hoch brisant. Der Einfluss des e.V. auf die ausgegliederte Profi-Sparte solle auch dadurch immer gewahrt sein, dass das gewählte Präsidentenamt immer auch den AR-Vorsitz beinhaltet. Auf die Einhaltung der Doppelfunktion pochten zuletzt die aktiven Fans. In der Satzung verankert ist diese jedoch nicht.
Eines der zentralen Versprechen der Ausgliederungskampagne von damals wurde jetzt also gebrochen. Die Hintergründe des Konflikts sind dabei nur teilweise öffentlich bekannt. So soll vor dem Einstieg von Porsche als neuem Investor im Sommer 2023 ein Papier aufgesetzt und von den Aufsichtsräten unterschrieben worden sein, welches eine Neubesetzung an der Aufsichtsrates-Spitze in Aussicht stellt. Der Sportwagenbauer aus Zuffenhausen hatte das zuletzt auch öffentlich eingefordert. Laut dem Kicker hat Claus Vogt in diese Absichtserklärung allerdings einen entscheidenden Passus eingearbeitet: Demnach müsse zuerst die Mitgliederversammlung über dieses Vorhaben befragt werden. Das ist nun obsolet.
"Ich freue mich über das große Vertrauen und die neue Herausforderung. Ich versichere allen Mitgliedern, in engem Austausch mit ihnen die Interessen des Vereins bei allen wichtigen Entscheidungen zu vertreten. Dabei lege ich Wert auf eine intensive Zusammenarbeit mit dem Präsidium und dem Vorstand", wird Tanja Gönner in der Mitteilung zitiert. Darüber hinaus betont sie, "dass in Zukunft die Idealbesetzung des Aufsichtsratsvorsitzenden ein Präsidiumsmitglied des Vereins sein sollte, das von den Mitgliedern direkt gewählt wurde und über die notwendigen fachlichen und persönlichen Voraussetzungen verfügt."
Um den ausgebrochenen Machtkampf um den AR-Chefposten zu befrieden, soll sich Gönner zuletzt bereit erklärt haben, den Prozess einer Absetzung Vogts zu moderieren. Dazu habe die ehemalige CDU-Politikerin in den vergangenen Tagen viele Gespräche mit unterschiedlichen Gremienmitgliedern geführt. Und nun das Zepter in dem mächtigen Gremium übernommen. Wie die Räte über die Abwahl Vogts abgestimmt haben, teilte der VfB nicht mit.
Wer sitzt im Aufsichtsrat des VfB Stuttgart?
Neben e.V.-Präsident Claus Vogt sitzen auch die Präsidiumsmitglieder Christian Riethmüller und Rainer Adrion im elfköpfigen Aufsichtsrat. Dazu kommen Franz Reiner und Peter Schymon für den Anker-Investor Mercedes, Lutz Meschke und Albrecht Reimold für Porsche, Tobias Röschel von Jako sowie Beate Beck-Deharde, Alexander Kläger und Tanja Gönner. Rein formal wird der e.V. im Gremium also von sieben Personen vertreten, die Investoren-Seite von vier. Hintergrund: Röschl vom aktuell kleinsten Anteilseigner Jako sitzt für den Verein im Aufsichtsrat.
Kurz-Biographie von Tanja Gönner: Das ist die neue starke Frau im VfB-Aufsichtsrat
Tanja Gönner, geboren am 23. Juli 1969 in Sigmaringen, studierte Rechtswissenschaften an der Universität in Tübingen und startete laut den Angaben auf der VfB-Homepage ihre berufliche Laufbahn nach dem Rechtsreferendariat 1999 als Anwältin in einer Kanzlei mit dem Schwerpunkt Insolvenzrecht. Von 2002 bis 2012 war sie als Berufspolitikerin aktiv als Mitglied des Deutschen Bundestages, als Ministerin in Baden-Württemberg für Soziales sowie Umwelt, Naturschutz und Verkehr und Mitglied des Landtages von Baden-Württemberg.
Von 2012 bis 2022 war Tanja Gönner Mitglied des Vorstands und zugleich Sprecherin des Vorstandes der Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Von November 2022 an ist sie Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI e.V.). Und seit März 2024 nun auch Aufsichtsrats-Vorsitzende bei einem Bundesliga-Verein.