Allgaier will nun doch: So kam es zum Umdenken beim VfB-Interimspräsidenten
Stuttgart. Die Überraschung bei vielen Mitgliedern des VfB Stuttgart dürfte einigermaßen groß gewesen sein, als am Donnerstag (21.11.) bekannt wurde: Interimspräsident Dietmar Allgaier will nun doch für eine volle Amtszeit kandidieren . Schließlich hatte der Ludwigsburger Landrat immer wieder betont, dass er nur für die Übergangsphase bis zur nächsten Mitgliederversammlung zur Verfügung steht . Wie kam es jetzt also zum Umdenken, Herr Allgaier?
Letztlich lässt sich der Entschluss des 58 Jahre alten Kommunalpolitikers auf zwei Faktoren herunterbrechen. Da wäre zunächst einmal ein sehr menschlicher. „Ich bin von Anfang an beim VfB positiv aufgenommen worden. Die Arbeit macht mir Spaß“, sagte der CDU-Mann am Freitagvormittag (22.11.) bei einem Pressegespräch im Clubzentrum des VfB.
VfB-Mitglieder sind überwiegend zufrieden mit Dietmar Allgaier
Der Vereinsbeirat hatte Allgaier nach der krachenden Abwahl von Claus Vogt auf der MV im Juli zum Interimspräsidenten ernannt. Und damit offensichtlich die richtige Wahl getroffen. Allgaier übernahm nach einer turbulenten Phase, brachte den Verein gemeinsam mit seinem Präsidiumskollegen Andreas Grupp wieder zurück in ruhiges Fahrwasser. Wofür der gebürtige Stuttgarter auch entsprechend gewürdigt wurde von Mitgliedern und Vereinsmitarbeitern.
„Viele Mitglieder und Fans haben mich gefragt, ob ich nicht weitermachen will. Das schmeichelt schon, da macht man sich natürlich Gedanken“, so Allgaier, der zunächst überaus deutlich gemacht hatte: Das zeitintensive Ehrenamt am Wasen lässt sich mit seinem Hauptamt als Landrat für den über 550.000 Einwohner zählenden Kreis Ludwigsburg maximal für ein paar Monate vereinbaren. Nun kommt es aber anders. Und hier kommt der zweite und vermutlich entscheidende Faktor ins Spiel. Der VfB-e.V. soll strukturell verändert werden – unabhängig davon, ob künftig Allgaier oder ein anderer auf dem Chefsessel im roten Clubhaus sitzen wird.
Konkret soll unterhalb des Präsidiums ein Posten geschaffen werden, der den Präsidenten entlastet, indem er sich vorrangig um das operative e.V.-Geschäft kümmert. Eine Art hauptamtlicher Geschäftsführer für den VfB. Nach Meinung vieler Dunkelroter ein längst überfälliger Schritt für den mit rund 120.000 Mitgliedern größten Verein in Baden-Württemberg , der aktuell immer noch nur drei hauptamtliche Mitarbeiter hat.
Allgaier betont: „Ich bin und bleibe Landrat in Ludwigsburg“
Für Allgaier ist klar: „Ich bin und bleibe Landrat in Ludwigsburg. Wenn ich den Präsidentenposten beim VfB für eine volle Amtszeit antrete, dann nur mit diesem Konzept.“ Seine Hauptaufgabe als politischer Verantwortungsträger werde er „nicht vernachlässigen. Gibt es eine Terminkollision, ist klar, wo ich bin: In Ludwigsburg.“
Aber sendet Allgaier mit seiner Entscheidung nicht ein falsches Signal an die Menschen im Landkreis Ludwigsburg? Schließlich sind die Zeiten für Kommunalpolitiker überall im Land überaus herausfordernd. Baustellen gibt es zur Genüge, allen voran Finanzierungsprobleme. Wäre es da nicht besser, sich voll und ganz auf sein politisches Mandat zu konzentrieren? Allgaier weiß um diese Bedenken und will sie auch nicht beiseiteschieben. „Ich verstehe, wenn es Skepsis gibt.“ Dennoch ist er der Meinung, dass er beiden Posten gerecht werden kann: „Ich werde hoffentlich den Beweis antreten.“
Und was passiert, sollte sich das neue Präsidium gegen die neue Struktur im VfB-e.V. entscheiden? Allgaier ist überzeugt, dass das so nicht passieren wird: „Die Argumente, die dafürsprechen, sind durchschlagend.“ Das Risiko, gewählt zu werden, und die Strukturreform kommt nicht, nimmt er daher bewusst in Kauf. Er ist überzeugt von der Sinnhaftig- und Notwendigkeit der geplanten Neuerungen. Und dürfte damit auch recht behalten. Letztlich ist diese Reform unabhängig von Allgaiers Ambitionen ein überfälliger nächster Schritt für den VfB e.V. auf dem Weg in die Zukunft.
Allgaier ist darüber hinaus nicht der Ansicht, dass das VfB-Präsidentenamt durch die Einführung eines operativen Geschäftsführers an Bedeutung verlieren würde. „Man wertet das Amt dadurch nicht ab, man unterstützt es vielmehr.“
Andere potenzielle Bewerber haben nach Allgaiers Entschluss zurückgezogen
Dass Allgaier zur Wahl vom für die Auswahl der Kandidaten zuständigen Wahlausschuss zugelassen wird, gilt als Formsache. Und klar ist auch: Steht der allseits beliebte Amtsinhaber zu Wahl, dürfte er mit großer Wahrscheinlichkeit auch am 22. März 2025 für die nächsten fünf Jahre gewählt werden. Schließlich haben potenzielle Bewerber bereits zurückgezogen, als bekannt wurde, dass der Interimspräsident nun doch seinen Hut in den Ring werfen wird.
Dabei will Allgaier seinen Entschluss aber keineswegs als eine Art „Bewerbungsstopp“ an andere Kandidaten verstanden wissen. Bis zu drei kann der Wahlausschuss nominieren. Und aus demokratietheoretischer Perspektive wäre es selbstverständlich begrüßenswert, wenn die Mitglieder eine echte Wahl bekommen. Bis zum 23. Dezember können interessierte Mitglieder ihre Unterlagen einreichen. Die Aussicht, gegen den angesehenen Allgaier anzutreten, dürfte sich jedoch als wenig attraktiv erweisen.
Oder wagt sich womöglich noch ein prominenter Widersacher aus der Deckung? Allgaiers Umdenken kam schließlich auch für viele Mitglieder überraschend. Und dass der Traditionsverein von 1893 vereinspolitisch immer für eine Überraschung gut ist, dürfte allseits bekannt sein. Unlängst wieder zu beobachten in dieser Woche.




