VfB Stuttgart

Entscheidung über VfB-Zukunft von Labbadia: Fabian Wohlgemuth im Auge des Sturms

Fabian Wohlgemuth
VfB-Sportdirektor Fabian Wohlgemuth. © Danny Galm

Beim VfB Stuttgart wird am Montag (03.04.) eine Entscheidung über die Zukunft von Trainer Bruno Labbadia erwartet. In den Prozess ist auch Sportdirektor Fabian Wohlgemuth involviert, der bislang in Bad Cannstatt kaum gestalten konnte. Und nun gemeinsam mit Sportvorstand Alexander Wehrle eine entscheidende Weichenstellung für den Saison-Schlussspurt vornehmen wird.

Hinweis der Redaktion: Bruno Labbadia wurde inzwischen als Trainer des VfB Stuttgart entlassen. Für ihn übernimmt Sebastian Hoeneß.

Wohlgemuth kam im Dezember 2022 gemeinsam mit Labbadia

Vermutlich kann nur ein Mann mit Berliner Gemüt eine solche Situation aushalten. Wer aus der Hauptstadt all die Pleiten, Pech und Pannen in Verwaltung, Politik und bei Infrastrukturprojekten gewöhnt ist, der fällt vermutlich auch beim VfB nicht so leicht aus den Schuhen.

Gemeinsam mit Bruno Labbadia hat Fabian Wohlgemuth im Dezember 2022 seinen Dienst am Wasen angetreten. Als Nachfolger des bei weiten Teilen der Fans beliebten Sven Mislintat und in dem Glauben, hier im Schwabenland nach Stationen bei Holstein Kiel und dem SC Paderborn den nächsten Schritt auf der Sportdirektoren-Karriereleiter zu gehen. Größerer Klub, mehr Geld, mehr Möglichkeiten. Pustekuchen.

Schon in der Wintertransferperiode musste Wohlgemuth mit den vorhandenen Mitteln Soforthilfen für die akut abstiegsgefährdete Mannschaft organisieren. Eine komplizierte Aufgabe angesichts der klammen Kassen beim VfB. Genki Haraguchi und Gil Dias (beide jeweils 1 Millionen Euro Ablöse) kamen. Allerdings erst nachdem Mittelfeldspieler Naouirou Ahamada für 12 Millionen Euro in die Premier League verkauft worden war.

Anfang April liegt der VfB am Boden

Aus der Verpflichtung von Labbadias Wunschspieler Josua Guilavogui, ein robuster Organisator fürs Zentrum, wurde hingegen nichts, weil ihn der VfL Wolfsburg nicht abgegeben wollte. Mehr Kader-Korrekturen waren nicht möglich – obwohl weitere notwendig gewesen wären. Immerhin hatten Neu-Trainer Labbadia und die Mannschaft eine fast zweimonatige WM-Pause inklusive elf Tagen Trainingslager in der spanischen Sonne, um eine funktionierende Gruppe für das Projekt Klassenverbleib zu formen.

Anfang April liegt der VfB jedoch am Boden. Tabellenplatz 18, Teile des Teams wenden sich von Labbadia ab. Und der erfahrene Rettungsexperte hat es nicht geschafft, die Schwächen im Stuttgarter Kader zu beheben und die vorhandenen Potentiale zu heben.

Stattdessen steht der 57-Jährige rund vier Monate nach seiner Amtseinführung schon wieder vor dem Aus. Wohlgemuth und Sportvorstand Alexander Wehrle beraten aktuell über einen erneuten Trainerwechsel. Es wäre der dritte in der laufenden Saison - was wiederum auch eine ganze Menge über die aktuelle Situation des Vereins und vor allem der Mannschaft aussagt.

Wer wollte im Winter Labbadia als Trainer holen?

In die Entscheidung, Bruno Labbadia zu holen, war Wohlgemuth Ende 2022 eingebunden, wenn vermutlich auch relativ spät. Die Initiative für den erfahrenen Coach kann jedenfalls nicht von ihm gekommen sein. Allein schon aufgrund der zeitlichen Abfolge: Zunächst wurde der Vertrag mit Sven Mislintat nicht verlängert (30. November) und es ploppten direkt die ersten Gerüchte rund um eine Labbadia-Rückkehr zum VfB auf (01. Dezember). Erst dann fiel auch der Name Wohlgemuth als potentieller Mislintat-Nachfolger (02. Dezember).

Immerhin: Ein gemeinsames Gespräch in Hamburg hat es vor der gemeinsamen Vorstellung am 12. Dezember gegeben. Jetzt ist Wohlgemuth in alle Prozesse von Anfang an involviert. Eine Entscheidung in der Trainer-Frage wird im Laufe des Montags (03.04.) erwartet.

Dabei steht Wohlgemuth sprichwörtlich im Auge des Sturms. Dort, wo es nahezu windstill ist, während um ihn herum ein heftiges Unwetter tobt. Die Kritik an Vorstandsboss Alexander Wehrle wird immer lauter. Schließlich war Labbadia seine Wunschlösung. Muss Labbadia gehen, fällt das auch negativ auf Wehrle zurück. Mit im Boot sitzen aber auch Claus Vogt und der Stuttgarter Aufsichtsrat, dem der Präsident der Schwaben vorsitzt. Sie haben die Entscheidungen im Winter mitgetragen.

Wie Wohlgemuth in der Öffentlichkeit kommuniziert

Wohlgemuth hat seine ersten Monate als Sportdirektor in der Bundesliga also direkt im Schleudergang erlebt. Dabei hat auch er sich Anfängerfehler erlaubt, kleinere Kommunikationspannen („Waren auf die Intensität von Schalke nicht vorbereitet“) zum Beispiel. Im Großen und Ganzen hält er sich aber klugerweise so gut es eben geht im Hintergrund.

Seine Äußerungen in der Öffentlichkeit sind meist kurz und knackig, auf seine Berliner Art direkt und unverblümt. Aber auch phrasenlastig. Jedenfalls kein Vergleich zu seinem Vorgänger, der meisterhaft die Klaviatur der Mixed-Zone spielen konnte und sich immer schützend wie eine Löwenmutter vor „seine Jungs“ stellte. Wohlgemuth ist hier distanzierter. Und kritischer. Was auch daran liegen mag, dass der aktuelle Kader nicht aus „seinen Jungs“ besteht - Dias und Haraguchi ausgeklammert.

Wohlgemuths Wirken am Wasen steht also immer noch unter einer Art Welpenschutz. Die Mannschaft, die auf dem besten Weg ist, den dritten VfB-Abstieg innerhalb von sieben Jahren hinzulegen, hat er nicht zusammengestellt. Die Entscheidung, mit welchem Trainer der VfB in den Schlussspurt gehen wird, trägt nun aber auch seine Handschrift. Sie wird damit maßgeblich auch in die Bewertung seiner Arbeit einfließen.

Und damit auch entscheiden, ob es rund um Wohlgemuth weiter vergleichsweise windstill bleibt. Oder ob er womöglich auch von den stürmischen Böen um ihn herum erfasst wird.

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