Warum der VfB Stuttgart seine spielerische Klasse wieder auf den Platz bekommt
Stuttgart. Das 2:1 des VfB Stuttgart gegen Celta Vigo zum Auftakt der Europa League war nicht nur ein Sieg, es war eine Antwort. Auf den Stotterstart in der Bundesliga. Auf die klaren Worte von Sebastian Hoeneß, der nach dem 1:3 in Freiburg mehr Intensität, mehr Präsenz, weniger Selbstzufriedenheit gefordert hatte. Die VfB-Profis hörten zu – und lieferten. Unsere Analyse zum Erfolg gegen die Spanier.
Wenige Wochen zuvor hatte sich die Stimmung in Stuttgart merklich eingetrübt. Nach dem Zittersieg im DFB-Pokal und der Supercup-Niederlage zum Saisonstart hatten sich auch im Ligaalltag Nachlässigkeiten eingeschlichen. Das 1:3 in Freiburg war ein Weckruf, der von Trainer Sebastian Hoeneß mit klaren Worten begleitet wurde. Die Botschaft war unmissverständlich: Wollen die Schwaben ihre spielerische Klasse wieder auf den Platz bringen, müssen zunächst die Basics stimmen. Das Team nahm sich das zu Herzen – und setzte es um. Erst gegen St. Pauli, dann gegen Celta Vigo.
Der VfB trat gegen Celta Vigo und St. Pauli aggressiv auf
In beiden Partien war von der ersten Minute an zu erkennen, dass sich etwas verändert hatte. Der VfB trat aggressiv auf, presste hoch, eroberte Bälle früh und ließ den Hamburgern und Spaniern kaum Raum zum Atmen. „Wir waren 85 Minuten lang das klar bessere Team, hatten eine hohe Intensität und viele Ballgewinne“, lobte Hoeneß nach dem gelungenen Europa-Start. Die Statistik untermauerte seine Worte: mehr als 60 Prozent Ballbesitz, fast doppelt so viele Zweikämpfe gewonnen wie der Gegner.
Dass die Tore ausgerechnet von den beiden Neuzugängen fielen, passte perfekt ins Bild dieses Neustarts. Erst spielte Alexander Nübel, Stuttgarts Nationaltorhüter, einen mustergültigen Diagonalball auf Badredine Bouanani, der den Keeper der Galicier frech überlupfte – ein Premierentor, das nach viel Selbstvertrauen aussah. Kurz darauf war es Bilal El Khannouss, der schon gegen St. Pauli getroffen hatte und nun mit einem präzisen Flachschuss von der Strafraumkante für das 2:0 sorgte. Zwei Last-Minute-Transfers, die sich anfühlen, als wären sie schon seit Jahren Teil dieses Teams. „Das sind zwei freche, mutige Jungs, die uns guttun und sich unglaublich schnell integriert haben“, sagte Kapitän Ermedin Demirovic, der selbst das Offensivpressing antrieb und immer wieder Impulse setzte.
Und doch wurde es am Ende noch einmal unnötig spannend. Ein Fehlpass des eingewechselten Atakan Karazor ermöglichte Borja Iglesias den späten Anschlusstreffer (86.), plötzlich wackelte die zuvor so souveräne Defensive. Hoeneß aber blieb gelassen: „Dass wir das 2:0 nachlegen, war entscheidend. Der späte Treffer ändert nichts daran, dass wir ein absolut verdientes Ergebnis eingefahren haben.“
Wenn die Basics stimmen, kommt auch die spielerische Klasse
Dass Stuttgart trotz dieser kleinen Schlusspointe über weite Strecken so dominant auftrat, war kein Zufall. Die Mannschaft hat auf die Kritik reagiert. Sie läuft mehr, sie arbeitet mehr, sie investiert wieder in jede Aktion. Und genau diese Grundtugenden, das wurde an diesem Abend sichtbar, sind die Basis, um die spielerische Klasse dieses Kaders überhaupt zur Wirkung zu bringen.
Auch abseits des Rasens gibt es derweil gute Nachrichten. Torjäger Deniz Undav, seit Ende August mit einem Innenbandanriss im Knie außer Gefecht, arbeitet unermüdlich an seinem Comeback. In der Länderspielpause im Oktober will er wieder ins Mannschaftstraining einsteigen, Mitte des Monats könnte er in Wolfsburg erstmals wieder im Kader stehen. „Er macht jeden Tag Fortschritte, er arbeitet sehr gewissenhaft“, berichtete Hoeneß. Ein Comeback des Stürmers würde dem ohnehin breiten Kader noch mehr Optionen geben.
Für den Moment aber dürfen der VfB und seine Fans diesen Abend genießen. Zwei Siege innerhalb einer Woche und das Gefühl, wieder in der Spur zu sein. Nächster Halt: Köln am Sonntag, danach Basel in der Europa League. Dort wird der VfB erneut zeigen müssen, dass er die Lehren aus dem Saisonstart verinnerlicht hat.