VfB Stuttgart

Hoeneß hievt den VfB aufs nächste Level: Wenn Trainer und Team gemeinsam wachsen

Fußball Borussia Dortmund vs. VfB Stuttgart
Führt den VfB souverän von Entwicklungsschritt zu Entwicklungsschritt: VfB-Cheftrainer Sebastian Hoeneß. © Julia Rahn

Dortmund. Ein Sieg in Dortmund sei „immer etwas Besonderes“, so Sebastian Hoeneß nach dem 2:1-Erfolg seiner Mannschaft am Samstag (08.02.). In der aktuellen Saisonphase und vor allem aufgrund der ungewöhnlichen Herangehensweise des VfB Stuttgart ist der hart erkämpfte Dreier jedoch von besonders großer Bedeutung für die Schwaben. Es war der nächste Entwicklungsschritt des Teams – und der zeigt einmal mehr, über welch breit gefächertes Repertoire der VfB-Coach verfügt. Und wie die Spieler den Ideen des Trainers vertrauen. Über eine ganz spezielle Beziehung.

Die letzten Spiele des VfB waren nicht gut. Pleite in Mainz (0:2), herbe Klatsche in der Königsklasse gegen Paris (1:4) sowie ein seltsam lethargischer Auftritt zu Hause gegen Gladbach (1:2). Die Mannschaft machte Fehler, wirkte platt und überspielt. Daraus entwickelte Hoeneß einen neuen – und für die sonst so dominante VfB-Herangehensweise ungewöhnlichen – Matchplan. „Wir haben in Dortmund einen sehr pragmatischen Ansatz gewählt, sind im Mittelfeld in einem tiefen Block gestanden und haben sehr clever die Räume verengt“, erläuterte Sportvorstand Fabian Wohlgemuth. Eine reife Leistung. Möglich gemacht sicherlich auch durch den Push im Pokal unter der Woche.

„Eher passiv zu sein, eher defensiv zu kontrollieren – da muss man ein Stück weit erwachsener spielen, weil es dann kein Hurra-Fußball ist“, sagte Wohlgemuth. Auch Sebastian Hoeneß war vor dem wegweisenden Kräftemessen mit dem BVB klar: „Wir wussten, dass wir einen offenen Schlagabtausch wahrscheinlich heute nicht spielen können. Deswegen war die Idee, den Gegner einen Tick tiefer zu empfangen.“ Man habe „schlau spielen“ wollen, sein Team habe „klug und pragmatisch verteidigt“. Und vorne war man eiskalt. „Wir haben Nadelstiche gesetzt. Sonst brauchen wir immer mehr Torchancen, um zu treffen. Heute haben vier gereicht, um zwei Tore zu machen“, befand Stürmer Deniz Undav.

VfB-Coach Hoeneß präsentiert sich erfrischend undogmatisch

Hoeneß präsentierte sich und seine Elf am Samstag erfrischend undogmatisch. Am Ende zählt im knallharten Ergebnisbusiness Bundesliga ohnehin nur der Erfolg. Eine neue Reife, die womöglich auch durch die Auftritte in der Champions League gekommen ist. Real Madrid hatte gegen den VfB schließlich auch keine Glanzleistung auf den Rasen gebracht, am Ende aber mit 3:1 triumphiert. Die acht Spiele in der Königsklasse waren dahin gehend eine überaus wertvolle Erfahrung. Gleichermaßen für die Spieler und den kompletten Staff.

Nun sind die Weiß-Roten vom europäischen Spitzenlevel selbstredend noch ein ganzes Stück weit entfernt. Unlängst zu sehen war das gegen PSG. Doch die vergangenen Wochen haben ebenso gezeigt: Trainer und Team sind lernfähig. Und die Truppe folgt ihrem Chef. Hoeneß hatte von Tag eins seiner Amtszeit ein Gespür für seine Mannschaft und den Moment. Dieses Band hat er in seiner mittlerweile 678 Tage währenden Amtszeit weiter gefestigt und gestärkt. Sie wachsen gemeinsam. Ein erstaunlicher Vorgang im allerorten viel zu hektischen Alltagsgeschäft.

Negativbeispiel: die aktuelle Gesamtsituation beim BVB, wo es auf allen Ebenen nicht zu passen scheint. Der krasse Kontrast dazu beim VfB, wo sich in den letzten Monaten eine besondere Beziehung zwischen Trainer, Team und Umfeld entwickelt hat. Eine neue Kraft, die drauf und dran ist, den Dortmundern ihren Rang in der Liga-Rangordnung abzunehmen.

Pokal-Halbfinale und 4. Tabellenplatz: Der VfB ist aktuell voll im Soll

Wenig überraschend ist Sebastian Hoeneß längst zu einer der am heißesten gehandelten Aktien auf dem Trainermarkt geworden. Zumal der 42 Jahre alte Fußball-Lehrer über eine Ausstiegsklausel in seinem bis 2027 datierten Vertrag verfügen soll. Doch der Standort Stuttgart ist für den ehrgeizigen Trainer alles andere als unattraktiv. Die Perspektive passt, die Stuttgarter sind aktuell voll im Soll.

Der VfB belegt nach 21 Spieltagen in der Liga den vierten Tabellenplatz und spielt zudem das DFB-Pokalhalbfinale. Auch wirtschaftlich steht der Klub nach schwierigen Jahren wieder mit beiden Beinen fest auf dem Boden. Und die Chancen, dass das Trikot mit dem roten Brustring auch in der nächsten Saison auf der europäischen Fußball-Bühne zu sehen sein wird, stehen gut. Was im Umkehrschluss auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die fußballerische Evolution am Wasen auch über den Sommer hinaus von Sebastian Hoeneß angeleitet wird.

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